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Türgeschichten

2020. Was für ein Jahr. Ein Jahr, in dem ein Virus unsere Welt auf den Kopf stellt. In dem Geschichte neu geschrieben wird. Deswegen fangen wir damit schon mal an. Denn hinter jeder Tür da draußen steckt eine Geschichte. Und Menschen, die sie mit Leben füllen. Und genau die halten wir fest: Unsere wunderbare Fotografin Nina Skripietz die Menschen. Und wir die Geschichten. Denn auch wenn die Welt grad stillsteht, dreht sich so viel weiter. Türgeschichten sind ein kleines Stückchen Nähe. Einblick auf Distanz. Mit ganz viel Lust auf Zukunft. Und wie wir sie gestalten.

Zusammenhalten. Für den Kiz. 

Schockstarre. Beim gesamten Team der Wild Wood Galerie. Bis all das, was hier gerade passiert, im Kopf ankommt. Denn der ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann. Wenn der Kunde nicht kommen kann, kommt das Team eben zum Kunden. Mit dem Fahrrad durch die Stadt. Mit der Sonne im Rücken über die Prinzenquelle. Den Kiez versorgen. Pakete vor die Tür stellen. Und danke sagen: Für all die Solidaritätsbestellungen und aufmunternden Gespräche. Die Botschaft an der Tür der Wild Wood Galerie an die Welt da draußen: Zusammenhalten. Für den Kiez.

Nur gemeinsam sind wir stark.

Not macht erfinderisch. Denn obwohl das Mutter-Tochter-Gespann schon immer kreativ war, sprudelt es jetzt nur so vor Ideen. Da wird in kürzester Zeit ein eigenes Magazin auf die Beine gestellt: Schwarz. The Fashion Concept. Mit Laura auf dem Titel. Dem Bruder als Model. Und mutmachenden Worten an die Kunden von Laura und Sabine. Stay in touch but differently: Bestellung von Lieblingsartikeln per Mail oder Telefon. Kontaktlose Lieferung. Modeinspiration auf Instagram. Und dann die Erleichterung: Wir sind wieder für Euch da. Auf Abstand. Und trotzdem ganz persönlich. Die Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Nur gemeinsam sind wir stark.

Bleibt positiv. Und lasst uns wachsen.

24/7 zusammen. Beide im Homeoffice. Mit Jobs, für die genau diese Situation eine echte Herausforderung ist. Examen ohne Schüler. Fußballtraining ohne Platz. Und obendrauf: Hochzeit ohne Gäste. Dafür mit ganz viel Liebe im Bauch. Ihr ganz persönliche Glücksmoment: Es wird ein Junge. Und er ist gesund. Nichts wichtiger als das in dieser Zeit. Die Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Bleibt positiv. Und lasst uns wachsen. 

Fahrrad ist das neue Klopapier.

Luftholen. Ist genau dann besonders wertvoll, wenn man vorher außer Atem war. Sina und Tim genießen ihn: Ihren WG-Alltag im Entschleunigungsmodus. Miteinander statt nebeneinander. Die kleinen Dinge schätzen lernen. Sie verwirklichen längst geschmiedete Pläne: Kaufen sich jeder ein Fahrrad. Und damit ein Stück Freiheit. Kochen gemeinsam vegan. Indischer Linseneintopf nach dem Sportprogramm. Glück hat viele Gesichter. Die von Sina und Tim strahlen zufrieden von innen heraus. Die Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Fahrrad ist das neue Klopapier. 

Geht großzügig mit Eurem Lächeln um. Es ist auch unter der Maske sichtbar.

Frau Jott. Jott wie Julia. Kreativer Kopf. Mama. Und Macherin. Die ihren Alltag neu sortiert hat: Homeschooling statt Handlettering-Workshops. Online-Shop statt Kreativstudio. Mit Arbeitsplatz im Wohnzimmer, neuen Ideen im Kopf und ihrer Familie im Rücken empfindet Julia zurzeit vor allem eins: Große Dankbarkeit. Für all das, was ihr das Leben bisher geschenkt hat. Vielleicht kann sie gerade deswegen mit ihren handgeschriebenen Worten so viel Mut machen. Weil Handschrift verbindet. In dieser Zeit noch ein kleines bisschen mehr. Die Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Geht großzügig mit Eurem Lächeln um. Es ist auch unter der Maske sichtbar. 

Kassel denkt weiter. Jetzt erst recht.

Alles auf Halt. Von jetzt auf gleich. Keine CoWorker. Keine Veranstaltungen. Keine Menschen in der NEUEN DENKEREI. Und genau die sind es, die Julia, Madlen und Steffi am meisten vermissen. Kurzes Innehalten. Und dann mit voller Power weiter: Podcast, Newsletter, Online Moderation. Neue Formate. Neue Ideen. New Work. Grundeinstellung auf Machen. Und andere damit anstecken. Genau das können die Drei. Und sind bewegt von der Solidarität, die ihnen entgegenkommt. Die Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Kassel denkt weiter. Jetzt erst recht.

Danke, dass wir aufeinander aufpassen.

Geschlossen. Noch vor dem eigentlichen Lockdown. Für Friseurin Aida stand von Anfang an fest: Ich gehe kein Risiko ein für meine Kunden. Abschließen. Umdrehen. Kloß im Hals. War’s das jetzt? Nein. Auf keinen Fall. Denn Aida ist sich sicher: Selbst, wenn sich diese Tür jetzt schließt, öffnet sich irgendwo eine neue. Braucht sie aber gar nicht. Denn Aida hat Rückendeckung: Bekommt Zuspruch. Briefe. Blumen. Von allen Seiten. Viele kleine Glücksmomente im Corona Alltag. Die Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Danke, dass wir aufeinander aufpassen.

Macht es Euch hübsch.

Die Welt steht still. Während die Natur ganz entspannt weitermacht. Make-up Artist Sabine zieht genau daraus ihre Kraft. Und war nie mehr im Hier und Jetzt. Leben in seiner puren Form. Abgeschminkt. Ohne Maske. Weil genau die den Pflanzen und Wildbienen in Sabines Garten völlig egal ist. Und wenn sich die Welt weiterdreht? Lässt Sabine uns wieder strahlen. Von Innen. Schließlich können wir uns von der Natur so viel abschauen. Wenn wir nur ganz genau hinschauen. Die Botschaft an Sabines Tür an die Welt da draußen: Macht es Euch hübsch.

Schön, dass Ihr da seid.

Gefühlsachterbahn. Von jetzt auf gleich. Noch nie zuvor hatte Nicola Angst um ihre Existenz. Jetzt schon. Tränen auf offener Straße, wenn sie nur daran dachte. Was wird aus Bietau? Wie geht es weiter? Und dann das: Ein kunterbunter Blumenstrauß vom Kunden. Ein selbstgebackener Kuchen zu Ostern. Und unzählige aufmunternde Worte aus ihrem Umfeld: Genau das sind Nicolas Lichtblicke. Die ihren Alltag aufhellen. Die Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Schön, dass Ihr da seid.

Wir sehen uns alle wieder.

Jeder Tag wie Sonntag. Genau so hat es sich für Natascha und ihre Familie angefühlt. Nie zuvor hatten sie so viel Zeit füreinander. Ob sie das genießen konnte? Ja. Weil sie ihr Kosmetikstudio ganz bewusst für eine Zeit in den Schönheitsschlaf verabschiedet hat. Einfach mal loslassen. Denn auch wenn man keine Wahl hat, kann man sich in dieser Zeit entscheiden. Für das Glücklichsein. Besonders dann, wenn man weiß: Jetzt geht es weiter. Die Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Wir sehen uns alle wieder.

Rückwärts verstehen. Vorwärts Leben. 

Hingefallen. Krönchen gerichtet. Und eingeladen: Zum Maskenball. So wurden aus den geplanten Stoffen der Sommerkollektion kurzerhand Masken. Lieblingsstükke 2020. Denn für Martina ist jetzt die beste Zeit umzudenken. Nähen als Therapie für die Erkenntnis: Ich will raus aus dem Hamsterrad. Das machen, was mein Herz mir sagt. Deswegen schafft sie Raum: Für Ihre Leidenschaft – dem Schreiben. Ein Blog als perfekte Ergänzung zu ihrem eigenen Modelabel. Und ihrer Manufaktur in Bad Arolsen. Ein weiteres Lieblingsstükk, das aus jedem neuen Tag etwas Besonderes macht. Die Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Rückwärts verstehen. Vorwärts Leben. 

Vorfreude auf Freiheit.

Gebannt vor dem Fernseher. Hoffen darauf, dass die Schulen geschlossen werden. Nicht nur bei den Kindern. Auch Rafael und seiner Frau Alex gefällt die Vorstellung: Raus aus der Taktung. Ferien als Pflichtprogramm. Nähe genießen. Dann die Nachricht: Es wird auch sie grad nicht mehr geben: Die Hochzeiten, die Rafael in Bildern festhält. Weniger Geld. Weniger Glück? Ganz und gar nicht. Vielmehr die Erkenntnis, dass gemeinsame Zeit das ist, was wirklich zählt im Leben. Und trotzdem: Der Wunsch nach Freiraum wächst. Trotz des Gefühls der Zufriedenheit. Die Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Vorfreude auf Freiheit.

August.

Ist 92 Jahre alt. Und hat die Geschichte erlebt, die wir selbst nur aus Büchern kennen. Genau die erzählt er uns. Auf Abstand. Im Garten des Hauses, in dem er seit 72 Jahren lebt. Ein Haus, das seine Schwiegereltern im Krieg von glühenden Brandbomben befreit und vor dem Einsturz gerettet haben. Gänsehaut und Tränen in den Augen wechseln sich ab, wenn August uns von seinem Leben erzählt. Von seinen 12 Geschwistern. Seinen Aufräumarbeiten in der Nachkriegszeit. Seiner Leidenschaft dem Surfen, bei der er seine Frau kennen und lieben gelernt hat. Wie sein Leben am seidenen Faden hing und er knapp Diphtherie überlebte. Weil es damals ein Medikament gab, auf das wir bei Corona so sehnsüchtig warten. Was August zurzeit vermisst? Menschen. Persönlicher Kontakt. Die Nähe zum Leben, für das wir jetzt die Geschichte neu schreiben. Zusammen mit August. Und den restlichen 7,8 Milliarden Menschen auf dieser Welt. Mit der Botschaft vor Augen, die August uns allen mit auf den Weg gibt: Schaut auf die Realität des Lebens. Sie zeigt uns unseren Weg. Danke August. Wir werden alles dafür tun, ihn zu finden.

Hausgemeinschaft Elfbuchenstraße

Mondgesang im Treppenhaus: Ein Glückmoment der Hausgemeinschaft in der Elfbuchenstraße. Bei dem sie alle Türen geöffnet und für die Kinder Lieder zum Einschlafen gesungen haben. Der Mond ist aufgegangen. Daran kann auch Corona nichts ändern. Und an dem Zusammenhalt der Hausgemeinschaft auch nicht: Katharina und Marc genießen ihre Elternzeit. Sohn Noah bekommt an seinem Geburtstag Geschenke per Seilzug. Und Kuchen vor die Tür gestellt. Nicole wuppt das Homeschooling ihrer Zwillinge. Rosemarie liest, backt und übt den Rückzug. Der gemeinsam so viel leichter fällt. Sylvia freut sich darauf, wenn morgens im Treppenhaus wieder Leben einkehrt. So wie Jonas, der hofft, dass es bald weitergeht. Von Vereinsamung keine Spur, findet Gundi. Kein Wunder: Wenn gemeinsam vom Balkon gesungen wird. Beim Hausflurflohmarkt Klamotten getauscht werden. Und die Kinder durch das gemeinsam angeschaffte Trampolin abends glücklich ins Bett fallen. Dann strahlt der Mond zufrieden auf die Botschaft ihrer Tür an die Welt da draußen: Zusammen ist man weniger allein.

Hab selig.

Hab selig: Kleidsames. Kostbares. So viele tolle Dinge, die das Leben noch ein kleines bisschen schöner machen. Damit die nicht ganz verschwinden, lädt Petra während des Lockdowns zum Window-Shopping. Schaufensterbummel für die Seele. Liefert kleine und große Wünsche mit dem Fahrrad direkt nach Hause. Von der Socke bis zum kompletten Outfit für ein Online-Bewerbungsgespräch. Und trotzdem: Der persönliche Kontakt hat in dieser Zeit gefehlt. Weil er einfach dazugehört. Wie das Team zu Petra. Wie hab zu selig. Die Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Für uns seid ihr „mit Abstand“ die Schönsten im Laden.

Moana.

Was für ein Theater. Nämlich keins mehr. Kein Kindertheater. Keine Veranstaltung. Kein Input für die Goldkinder. Dem Kasseler Familienmagazin, das Moana als Redakteurin mit Leben füllt. Moana fühlte sich kraftlos. Lag krank im Bett, als der Virus den Vorhang zuzog. Während ihre Kinder volle Aufmerksamkeit brauchten. Kein Kindergarten. Keine Schule. Kraft tanken. Gesund werden. Damit das Karussell sich weiterdrehen kann. Und es dreht sich wieder: Moana hat ihren Rhythmus gefunden. War nie glücklicher als jetzt über ihr Haus mit diesem traumhaft schönen Garten. Und ist sich sicher: Jede Krise hat eine Botschaft. Wir müssen nur herausfinden welche. Moana hat ihre gefunden: Die Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Ohne Gesundheit ist alles nichts.

Sabine und Dominik.

Sabine und Dominik sind im Aufeinanderhocken ziemlich gut. Weil sie sich nicht stören. Nicht streiten. Sich selbst nicht genug sind. Im Gegenteil. Sie genießen es, dass sie mehr Zeit füreinander haben. An Sabines Geburtstag im April kam es dann aber doch: Dieses Vermissungsgefühl. Zu wissen, dass es diesmal keine Feier mit Freunden geben wird. Kein lustiger Karaoke-Abend im Irish Pub. Kein gemeinsam gesungenes „Can you feel the love tonight“. Und trotzdem können wir sie fühlen: Ihre tiefe Liebe, die sie noch in diesem Jahr mit ihrer Hochzeit krönen wollen. Am 20. Oktober. Dem Hochzeitzeit von Sabines Eltern. Wie sehr hätte sich ihr Papa, der im letzten Jahr gestorben ist, über dieses Datum gefreut. Wahrscheinlich genauso, wie über die wunderbare Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Niemand ist so fern, dass er vergessen wird. 

Det Lille Hus

Peng. Aus. Feierabend. Es war Freitag der 13., als Sandra und Petra Det Lille Hus Café in Habichtswald vorübergehend schließen. Weil ihnen klar ist: Ein Virus fragt nicht. Er geht in die Welt hinaus. Ihr gemeinsames Ziel: Zusammenrücken trotz Abstand. Wie das gelingt? Mit einer ausrangierten Gefriertruhe vor der Tür: Zuerst gefüllt mit Knete, Salzteig und Bastelzubehör. Für Kinder-Mutmach-Kunstwerke, die das Schaufenster schmücken. Dann umfunktioniert als Tauschbörse für Pflanzen und Bücher. Geben und Nehmen. Für Austausch und Zusammenhalt. Ein Stück Wärme aus der Kühlbox, das uns nach vorne schauen lässt. Die Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Alles wird gut.

Sonja und Jörg.

Vollbremsung. Schock. Aushalten, was da gerade passiert, auch wenn es Vollbremsung. Schock. Aushalten, was da gerade passiert, auch wenn es verdammt schwerfällt. So geht es Sonja und Jörg. Aber sie wissen: Sie hat zwei Seiten – die Medaille, die ihr Leben in Bewegung hält. Und schließlich ist es immer eine Frage des Blickwinkels, welche Seite man sich anschaut. Denn die gute Seite sammelt Glücksmomente: Entdeckt nie geahnte Wanderwege vor der Haustür der Villa Becher. Überbrückt Distanz beim virtuellen Workshop über Zoom. Setzt den Vergrößerungsmodus auf Neuausrichtung. Spielt Karten mit den Kindern und rückt zusammen. Und die andere Seite? Der zeigen wir die Botschaft an ihrer Tür an die Welt da draußen: Seid immer füreinander da.